80 JAHRE KRIEGSENDE: DRAMATISCHE STUNDEN AM 5. UND 6. APRIL 1945

Eine schwarz-weiß Fotografie zeigt ein in Teilen zertrümmertes Gebäude. Löscharbeiten sind in Gange. Auf dem noch stehenden Gebäudeteil steht ein Türmchen mit einer Uhr.

Im Februar 1945 fiel das Rathaus den Bombenangriffen zum Opfer. © Stadtarchiv Eisenach

Schwarz-weiß Fotografie eines Mannes im Anzug und mit Schlips. Er hat graue Haare und trägt eine Brille.

Oberbürgermeister der Wartburgstadt: Dr. Rudolf Lotz © Stadtarchiv Eisenach

Schwarz-weiß Fotografie eines Mannes mittleren Alters. Er trägt einen Anzug und eine Krawatte.

Franz Wagner © Stadtarchiv Eisenach

Vier Grabsteine in Form von Kreuzen stehen auf einer Wiese. Auf jedem sind jeweils zwei Namen mit Lebensdaten eingraviert.

In Hötzelsroda kamen noch am 3. April 1945 mehrere junge Männer zu Tode. Der Ortsteilrat und Bewohner des Ortes gedachten der Opfer und legten Blumen vor den Gräbern ab. Foto: Sabine Heep

Am 8. Mai 2025 wird in ganz Deutschland an das Ende des Zweiten Weltkrieges, das sich vor 80 Jahren zutrug, gedacht. Auch in Eisenach gibt es mehrere Veranstaltungen. „Das Erinnern und das Mahnen dürfen niemals aufhören. Auch 80 Jahre später sind wir in Eisenach dankbar dafür, dass die Stadt unblutig übergeben werden konnte. Die Zerstörung durch die Bombenangriffe und das vielfältige Leid der Bevölkerung damals waren schlimm genug. Heute denken wir an alle Menschen, die in der Gegenwart Krieg und Gewaltherrschaft erleben müssen“, sagt Oberbürgermeister Christoph Ihling. 

 

Die Geschehnisse der letzten Kriegstage sind hier zusammengefasst. Die Schilderung basiert auf einer Broschüre des Eisenacher Geschichtsvereins über das Kriegsende in Eisenach. Geschrieben hat sie Dr. Reinhold Brunner.

 

  • In einer eilig anberaumten Ratssitzung am 31. März 1945 legte der damalige Oberbürgermeister Dr. Herbert Müller-Bowe sein Amt nieder und setzte den parteilosen Stadtrat Oskar Sachse als amtierendes Stadtoberhaupt ein – der davon allerdings nichts wusste. In der Nacht vom 2. zum 3. April 1945 machte er sich nach Weimar davon. Dr. Herbert Müller-Bowe war im Jahr 1937 Oberbürgermeister der Stadt Eisenach geworden. Das Parteiabzeichen der NSDAP trug er bereits vor 1933.

     

  • Am 1. April 1945 standen Panzerspitzen der dritten amerikanischen Armee unter General George S. Patton nur noch etwa zehn Kilometer westlich von Eisenach.

     

  • Ebenfalls am 1. April 1945 suchten Einwohner aus Hötzelsroda und Stockhausen im BMW-Flugmotorenwerk auf dem Dürrerhof Schutz, da beide Orte von den Amerikanern besetzt waren. Die Produktion im Werk war bereits am 29. März stillgelegt worden. Am 30. März zogen zur Zwangsarbeit verpflichtete KZ-Häftlinge mit ihren Bewachern ab. Eine Übernahme durch deutsches Militär am 3. April konnte vermieden werden, so dass unter dem umsichtigen Handeln des damaligen Oberingenieurs und Abteilungsleiters Fritz Held das Werk unblutig in die Hände der Amerikaner gelangte.

     

  • In einem Bericht vom 4. April 1945 heißt es: „Die Wasserversorgung ist seit gestern für den größten Teil der Stadt ausgefallen ... Die Krankenbetreuung ist nicht mehr sichergestellt. ... Die gesundheitliche Lage der Zivilbevölkerung treibt einer Katastrophe zu … ganz besonders sind Säuglinge und Kinder von dieser Lage betroffen“. Die Stadt sei zudem bereits jetzt überbelegt und in wenigen Tagen gehe das Brot aus.

     

  • Am 4. April 1945 ernannte NSDAP-Kreisleiter Hermann Köhler den Ratsherren Dr. Rudolf Lotz zum Oberbürgermeister. Die Ratsherrensitzung, die kurzfristig einberufen wurde, bestätigte diese Entscheidung.

     

  • Am 5. April 1945 warfen die Amerikaner aus Flugzeugen Flugblätter ab, auf denen es sinngemäß hieß, die Stadt solle sich ergeben, sonst werde sie morgen dem Erdboden gleich gemacht. Die militärische Verteidigung der Stadt war schon stark ausgedünnt. Ein einzelner Hauptmann – Hans Galli – forderte seine Soldaten daraufhin zum Rückzug nach Friedrichroda auf. Einige Volkssturmmänner und Jungen der Hitlerjugend schickte er nach Hause. Der Stadtkommandant Eisenachs, Major Weber, bestrafte dieses Verhalten nicht.

     

  • Ebenfalls am 5. April 1945 scheiterte ein Kapitulationsangebot, das die Amerikaner den militärischen Führern machte. Verhandelt wurde zunächst im Kaiserhof und anschließend am Burschenschaftsdenkmal, wo Oberst Wissmann seinen Gefechtsstand hatte. Die Quellenlage zu diesen Verhandlungen ist teilweise widersprüchlich. General Kesselring, der Oberbefehlshaber West, entschied jedoch, dieses Angebot auszuschlagen.

     

  • Der gerade erst zum Oberbürgermeister ernannte Dr. Rudolf Lotz und andere unternahmen mehrere Versuche, die Zerstörung der Stadt abzuwenden. Die deutschen Militärs des Bereichs gingen jedoch nicht darauf ein.

     

  • In der Nacht vom 5. auf den 6. April 1945 zog sich die Wehrmacht schließlich zurück. Smilo Freiherr von Lüttwitz, General der Panzertruppe und höchster militärischer Befehlshaber im Eisenach Raum zu dieser Zeit, billigte den Rückzug. Da die Amerikaner davon nichts wussten, versetzte heftiger Artilleriebeschuss die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Von 2 Uhr nachts bis 6 beziehungsweise 6.30 Uhr dauerte der Beschuss.

     

  • Am 6. April 1945 überschlugen sich die Ereignisse förmlich: Weiße Fahnen wurden auf der Wartburg, dem Nikolaitor, dem BMW-Flugmotorenwerk und immer mehr weiteren Gebäuden gehisst. Im Divisionsbericht der Amerikaner heißt es: „Um 7 Uhr griffen die beiden Bataillone, bald verstärkt durch Kompanie I und das 1. Bataillon/ 354. Infanterieregiment, an. Vier Stunden später war Eisenach gesäubert und 400 Gefangene gemacht worden.“ Auf eigene Faust machte sich der Eisenacher Kleinwarenhändler Franz Wagner auf und führte den amerikanischen Kampfkommandanten unter großem Jubel der Bewohner der Weststadt ins Zentrum. Im Hotel Kaiserhof fanden anschließend die Übergabeverhandlungen statt.

     

  • Auch Oberbürgermeister Dr. Rudolf Lotz machte sich auf den Weg und fuhr in einem Wagen, in dem weiße Fahnen verstaut waren, den Amerikanern entgegen. In der Georgenstraße traf er auf sie, stieg aus und ging auf den amerikanischen Oberst zu. „Ich bin der Oberbürgermeister dieser Stadt und bin gekommen, Ihnen Eisenach zu übergeben. Ich bitte Sie um Schutz für die Stadt und die Bevölkerung“, sagte er. Damit war der Krieg für Eisenach zu Ende.