Graffiti-Workshop in der Alten Posthalterei: Stadt klärt über die Hintergründe auf

Ein Workshop für Graffiti-Künstler findet am Samstag, 22. September in der "Alten Posthalterei" statt. Veranstalter sind das Thüringer Museum und das Kinder- und Jugendzentrum "Alte Posthalterei".
Befürchtungen, dass damit illegalem Sprayen Vorschub geleistet wird, möchte die Bürgermeisterin Ute Lieske ausräumen. Gerade durch solche Workshops läßt sich aus Sicht der Stadt das Sprayen kanalisieren. Außerdem werden die Teilnehmer über die rechtlichen Konsequenzen illegalen Sprayens aufgeklärt.

 

Warum solch ein Workshop? Graffiti ist nicht nur Sachbeschädigung oder "Schmiererei", sondern inzwischen auch eine anerkannte Kunstform - sie ist das künstlerische Ausdrucksmittel vieler Jugendlicher. Vor allem in der HipHop-Kultur, zu der auch Rapmusik und Breakdance gehören, ist Graffiti ein fester Bestandteil.

Graffiti im heutigen Sinn entstand im New York der 1970er Jahre. Es begann mit "Tagging" - junge Menschen hinterließen auf Wänden so oft wie möglich ihr Namens-Zeichen. Bald entdeckten die Akteure die Sprühdose. Es entwickelten sich schnell verschiedene Techniken und Stile. Graffiti wurden zunehmend kunstvoller, auffälliger und über New Yorks Grenzen hinaus populär. Mit Filmen wie "Wild Style", "Beat Street" und "Style Wars" gelangte diese Jugendkultur in den 1980er Jahren auch nach Europa und fand dort begeisterte Anhänger. Seitdem hat sich in allen europäischen Großstädten - und nach und nach auch in vielen kleineren Orten - eine lebendige Graffiti-Szene entwickelt.

 

Graffiti ist längst als Kunstform anerkannt. Keith Haring und Harald Naegeli ("Der Sprayer von Zürich") gehören zu den berühmtesten Künstlern dieser Richtung. Ihre Werke werden in großen Galerien gezeigt und erzielen auf dem Kunstmarkt Höchstpreise.
Doch gelten auch viele der illegal gesprühten Graffiti als Kunstwerke, nicht zuletzt deshalb, weil sie lebendiger, aber auch rebellischer Ausdruck einer Jugendkultur sind. Wie weit die gesellschaftliche Anerkennung von (künstlerischem) Graffiti schon gediehen ist, zeigt der Umstand, dass in Wien 2006 offiziell eine "Graffitistrasse" benannt worden ist.
Allerdings ist nicht jedes Graffiti als gelungenes Kunstwerk zu betrachten - wie in der gesamten bildenden Kunst gibt es wenige Meister und viele Lernende, Unbegabte oder Nachahmer.

 

Seit langem wird versucht, illegale Graffiti einzudämmen. Dafür gibt es verschiedene Ansätze. Beispiele: Schnelles Reinigen von Flächen, die häufig besprüht werden; Kameraüberwachung im öffentlichen Raum; konsequente strafrechtliche Verfolgung der Täter. Fassaden können durch verschiedene Techniken zumindest soweit geschützt werden, dass bei der Entfernung von Graffiti keine Schäden an der Substanz entstehen.
Zu diesen repressiven Maßnahmen kommen zwei Möglichkeiten der Prävention:
- Die Schaffung von Freiflächen im öffentlichen Raum zur Förderung des legalen Graffiti. Damit kann zwar nicht verhindert werden, dass einige Sprayer illegal arbeiten, aber auf diesem Weg kann Jugendlichen glaubwürdig vermittelt werden, dass sie nicht ohne Erlaubnis im öffentlichen Raum arbeiten dürfen.
- Veranstaltung von Wettbewerben mit entsprechenden Flächen - so, wie beispielsweise der Graffiti-Wettbewerb des Thüringer Bauministers Andreas Trautvetter zur Gestaltung der neuen Saaletal-Brücke bei Jena (www.saaletal-wettbewerb.de).
Aber auch in Eisenach hat es bereits solche Wettbewerbe gegeben: Beispielsweise zur Gestaltung des Bauzauns, als die Rathauslücke in der Karlstraße bebaut wurde. Auch im Eierclub wurde schon legal um die Wette gesprayt.

 

Bei dem Graffiti-Workshop in der "Alten Posthalterei" werden die Teilnehmenden auch auf die strafrechtlichen Folgen illegalen Sprayens aufmerksam gemacht: Das nicht genehmigte Aufbringen von Graffiti kann in Deutschland zivil- und strafrechtliche Folgen haben. Zivilrechtlich kann gegen die Sprayer ein Schadensersatzsanspruch entstehen.
Strafrechtlich kommt eine Sachbeschädigung in Betracht, die auch mit einer Freiheitsstrafe bestraft  werden kann. ( 303, 304 StGB)
In Deutschland wurde im Jahre 2005 das äußerliche Verändern von Oberflächen als zusätzlicher Straftatbestand in das Strafgesetzbuch aufgenommen und gilt seither als Sachbeschädigung. Danach macht sich auch strafbar, "wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert." Auch das unerlaubte Betreten fremden Grund und Bodens sowie die Gefährdung des Verkehrs (bei Bemalung von Schildern) können verfolgt werden.

 

(Quelle: www.wikipedia.de)