Musikwissenschaftler erschließen die Richard-Wagner-Sammlung des Thüringer Museums Eisenach

Die Richard-Wagner-Sammlung des Thüringer Museums Eisenach wird seit geraumer Zeit in der Reuter-Villa wissenschaftlich aufbereitet. Unter Leitung von Prof. Dr. Helen Geyer erschließen Studierende und wissenschaftliche Mitarbeiter des Instituts für Musikwissenschaft Weimar/Jena an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar die zweitgrößte Wagner-Sammlung der Welt in Eisenach.

Unter der Leitung von Prof. Dr. Helen Geyer, Direktorin des musikwissenschaftlichen Institutes Weimar/Jena sichten und ordnen zwei Doktoranten - Hannah Lütkenhöner und Kiril Georgiev - mit der Hilfe von Studierenden des Institutes die Bestände des Reuter-Wagner-Museums. Die sich dort befindende zweitgrößte Richard-Wagner-Sammlung der Welt wird für eine moderne systematische wissenschaftliche Erschließung und Präsentation vorbereitet. Das Projekt wird seit Herbst 2012 von der Kulturstiftung der Länder, dem Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und dem Kreativfond der Hochschule für Musik in Weimar unterstützt. Langfristiges Ziel soll sein, die Wagner-Sammlung virtuell und heutigen wissenschaftlichen Ansprüchen gemäß, einer globalisierten Öffentlichkeit aufzubereiten, um sie für Forschende und Interessenten zu erschließen. Sie werden dabei von den Mitarbeitern des Reuter-Wagner-Museums unterstützt. "Rund 98 Prozent der Sammlung sind inzwischen neu geordnet", sagt Dr. Geyer.

 

Als Vorbereitung für die systematische Darstellung und Erschließung über einen Online-Katalog, der auch über die internationalen Netzwerke abrufbar sein wird, wurden in sehr vielen Arbeitsstunden - auch unter ehrenamtlicher Mithilfe - die Bestände sorgfältig neugeordnet, sinnvoll umgelagert und so vorbereitet, dass der zeitgemäßen formalen und wissenschaftlich vertieften Erschließung nun eine Basis gegeben ist. Dabei wird es zu Digitalisierungen kommen, die gemeinsam mit der Universitätsbibliothek Jena (ThULB), dem Projekt digiCULT (in Zusammenarbeit mit dem Museumsverband Thüringen) wie der Bibliothek der Hochschule für Musik und dem Thüringischen Landesmusikarchiv Weimar vorbereitet werden. Dieses Projekt ist für mehrere Jahre geplant - die Anträge auf Förderung befinden sich in der unmittelbaren Vorbereitung. Die über 5.500 Textquellen enthaltende Wagnerbibliothek sollte allerdings immer eine Präsenzbibliothek bleiben. "Eine Ausleihe wird es nicht geben. Dazu sind die musealen Bestände zu wertvoll«", sagt Hannah Lütkenhöner M.A.

In der Dauerausstellung des Reuter-Wagner-Museums kann nur ein Teil der Sammlung der Öffentlichkeit gezeigt werden. Viele Stücke sind im Magazin und somit für die Besucher nicht zu sehen. »Wir sind sehr glücklich, dass unsere Wagner-Sammlung von Fachleuten aufbereitet wird. Damit können nun Wagner-Forscher und Wagner-Fans auf die Schätze in unserem Museum aufmerksam gemacht werden«, sagt Dr. Hegele und dankt dem ganzen Projektteam. Förderlich für dieses Projekt sind u.a. auch die veränderten Öffnungszeiten des Reuter-Wagner-Museums, die die intensiven Forschungsarbeiten ermöglichen.

 

Eine weitere, aktuelle Aufgabe des Forschungs-Teams ist derzeit die Vorbereitung einer neuen Ausstellung, die unter dem Titel »Tristan und Mathilde - Inspiration, Werk, Rezeption« ab 15. November 2014 im Stadtschloss des Thüringer Museums präsentiert werden soll. Darin wird die Beziehung Richard Wagners zu Mathilde Wesendonck thematisiert, aber auch der Blick in die unmittelbaren stimulierenden Faktoren - beispielsweise in den Mythos Venedig - geworfen. Diese konzeptionelle Vorbereitung zur Ausstellung wird zudem als studentisches Projektseminar erarbeitet. Geplant sind hierzu einige Sonderveranstaltungen für die Besucher - unter anderem Konzerte, Lesungen und Vorträge.

 

Zur Geschichte der Richard-Wagner-Sammlung des Nikolaus Oesterlein


Nikolaus Oesterlein, ein Österreicher (1841-1898), gehört zu der Gruppe, die Richard Wagner sehr verehrten. Er glaubte an die Zukunft der Wagnerianischen Vorstellung einer Erneuerung durch Kunst. So trug Oesterlein noch zu Lebzeiten Richard Wagners mit großer Energie Bilder, Büsten, Briefe, Schriften, Theaterzettel und eine umfangreiche Bibliothek (mit etwa über 5500 Bänden) zusammen. Im Jahre 1887 eröffnete er ein Privatmuseum in Wien, sah sich aber bald gezwungen, die Sammlung, die zu diesem Zeitpunkt auf etwa 20.000 Objekte angewachsen war, zum Verkauf anzubieten. Der damals in Eisenach wirkende Lexikograph Prof. Josef Kürschner, bekannt durch die von ihm herausgegebenen Lexika und Literaturkataloge, setzte sich für den Kauf der Sammlung durch die Stadt Eisenach auf vielfältige Weise ein: Mit seiner Hilfe und dank seiner Sponsorenakquise gelang es 1895 die Oesterlein-Sammlung zu erwerben, sie in der Villa Fritz Reuters unterzubringen und im Jahre 1897 das Reuter-Wagner-Museum zu eröffnen.